Ein Bach schreit nach Hilfe
Ergänzung mit Erwiderung zum Artikel von Frau Collinet in der MZ vom 26.07.2022
In der Sache hat die Autorin durchgehend recht. Der Bach (es muss sich um den Beutemühlebach handeln) ist, wie dargestellt, in einem erdenklich schlechten Zustand. Dies hat jedoch eine Vorgeschichte, auf die ich im Folgenden näher eingehen will:
Der FGV Steinheim hat seit Januar 1988 das Fischereirecht des Baches gepachtet und zudem hat die Jugendgruppe des Vereins die Bachpatenschaft übernommen. In Vorbereitung dieser Patenschaft fanden diverse Begehungen mit Vertretern der Stadt Steinheim, Fachleuten des Landratsamtes Ludwigsburg sowie Vereinsvertretern statt. Dabei wurden umfassende Renaturierungsmaßnahmen, wie dem Einbau von Schwellen aus Eichenholz und Störsteinen detailliert mit Festlegung der präzisen Örtlichkeit bestimmt. Den Vertretern des Landratsamtes zufolge, war für diese Maßnahmen zum gegebenen Zeitpunkt keine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich. Technisch entsprachen diese Maßnahmen dem damaligen Kenntnisstand.
Mit Einsatz von finanziellen Mitteln aus der Fischereiabgabe wurden
- Eichenbäume im Stadtwald gefällt und nach Transport an den Bach zum Einbau vorbereitet
- Reinigen des Baches von Unrat und Schlamm
- Manuellem Einbau der Schwellen an den vorgegebenen Orten
- Bepflanzung der Ufer mit ortsüblichen Begleitpflanzen, wie z. B. Sumpfdotterblumen, Mädesüß, Blutweiderich, gelbe Schwertlilien u. a.
Nachdem sich naturnahe Strukturen gebildet hatten, erfolgte Fischbesatz mit Stichlingen und Bachforellen. Schnell hatte sich der Bach naturnah entwickelt und war voller Fische, Amphibien und Makroorganismen. Für den Erfolg der erwähnten Renaturierungsmaßnahmen waren hunderte Arbeitsstunden von Vereinsmitgliedern, insbesondere der Jugendlichen, des FGV Steinheim erforderlich.
Das Echo der Maßnahmen war seinerzeit beachtlich, selbst bundesweit wurde über die Maßnahmen in der Mitteilungszeitschrift der Bundesregierung in einem großen Artikel berichtet. Auch im Buch „Natur und Landschaft in Steinheim“ (C. P. Hutter, K. Bender, 1988) finden sich Berichte und auch Bilder der Aktion. Für weitere Verbesserungsmaßnahmen am Bachlauf zwischen Ortsende und der Autobahnunterführung organisierte der FGV Steinheim insgesamt 28.000 DM aus Mitteln der Fischereiabgabe.
Dann das einschneidende Ereignis
Ein Starkregenereignis im Jahr 1997 mit 90 l Niederschlagswasser pro Quadratmeter innerhalb von 45 Minuten sorgte für unglaubliche Wassermassen, die vom Kälbling und den umliegenden Feldern in den Ort strömten. Weder die Oberen Seewiesen noch das Bachbett war diesen Massen gewachsen. Große Schäden bei den Anliegern waren bedauerlicher Weise die Folge.
Soweit zur Kausalität.
Wie mittlerweile üblich, war von „selbsternannten Gewässersachverständigen“ schnell ein „Schuldiger“ gefunden. Eben die mit Fachleuten abgestimmten Renaturierungsmaßnahmen. Die oben genannten Akteure mobilisierten nach dem Hochwasser die betroffenen Anwohner, entfalteten ordentlich Druck auf die Vertreter der Stadt und erreichten, dass sämtliche, mühsam geschaffene Verbesserungsmaßnahmen durch die Stadt Steinheim wieder entfernt wurden. Dies, obwohl alle wirklich Sachkundigen darauf hingewiesen haben, dass die Renaturierungsmaßnahmen niemals für die Überflutung verantwortlich waren. Der Bach war damit jedoch seinen verbesserten Strukturen beraubt und wieder in den alten Zustand (nach Begradigung in den 30’ger Jahren) zurückversetzt.
Damit nicht genug: Insbesondere der damalige 1. Vorsitzende des FGV Steinheim, Roland Schiele (er ist mit seiner Namensnennung einverstanden) ist sowohl in einer Bürgerversammlung wie auch in der Presse persönlich angegangen worden. Deshalb beschloss der Verein, sich nicht mehr für den Bach einzusetzen. Im Übrigen standen zu dem Zeitpunkt für ergänzende Maßnahmen weitere Mittel aus der Fischereiabgabe in Höhe von 90.000 DM in Aussicht bzw. waren bereits eingeplant. Fördermittel, die nach dem Debakel schlicht nicht mehr abgerufen wurden.
In den Jahren danach fanden zu unterschiedlichen Fragestellungen diverse Gewässerbegehungen, Termine mit Vertretern der Stadt und anderes statt. Vorschläge seitens des FGV Steinheim fanden bislang kein Echo. Man hat den Eindruck, die Verantwortlichen gehen dem zu erwartenden Druck mancher Bürger lieber aus dem Weg.
Nur in einem Punkt muss ich Frau Collinet dezent widersprechen. Viele unserer Vereinsmitglieder sind ausgebildete und geprüfte Gewässerwarte, führen Schulungen durch und sind berechtigt, Elektrofischerei zu betreiben. Wir sind zwar keine Flussbaumeister, haben jedoch vielfältige, einschlägige Erfahrungen. All das bringt jedoch leider nichts, wenn „Emotionales“ im Spiel ist.
H. Bruckelt
1. Vorsitzender